Ein Sommer, der ein Winter war
An der University of South Australia zum Forschungsaufenthalt
Gefördert durch ein Postdoc-Auslandsstipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes hatte Dr. Udo Seiffert, wissenschaftlicher Assistent am Institut für Elektronik, Signalverarbeitung und Kommunikationstechnik, die Gelegenheit, in der Zeit von Juni bis Oktober 2000 an der University of South Australia in Adelaide, der Hauptstadt des Bundesstaates Südaustralien, zu arbeiten. Dort beschäftigte er sich mit Methoden der künstlichen Intelligenz und deren Anwendung in verschiedenen technischen Bereichen. Nach seiner Rückkehr hat er neben dem obligatorischen offiziellen Reisebericht einmal für den Uni-Report seine ganz persönlichen Eindrücke zu Papier gebracht.
Sicher, es war nicht die erste Reise halb um die Welt; hatte ich doch schon einige Konferenzen in Australien besucht. Sicher, es waren nicht alles neue Gesichter dort; hatten wir doch bereits langjährige intensive Kontakte. Aber trotzdem, viele Fragen blieben zunächst unbeantwortet. Was wird hier aus Frau, Haus, Garten und Auto in der langen Zeit? Glücklicherweise habe ich keinen Hund, den darf man nämlich nicht einführen. Wie ist er wohl, der australische Winter - im Juli und August? Was soll man einpacken? Und wieviel?
Man ertappt sich bald, daß die wissenschaftlichen Beweggründe, die zu dieser Reise geführt hatten, hinter den praktischen Problemen in den Hintergrund treten. Psst, nicht so laut!
Magdeburg, Frankfurt, Hong Kong - zwei Tage Pause. Dann weiter. Nach zwölf Stunden Ankunft in Adelaide. Acht Uhr morgens, es ist schon hell. Zu Hause schläft noch alles. Kein Wunder - bei siebeneinhalb Stunden Zeitverschiebung. Müde. Auch kein Wunder - nach der Tour. Das ist er also, der australische Winter. Dreizehn Grad und Sonnenschein. "A bit chilly, this morning" erfahren wir. So, na dann kann es ja nicht so schlimm werden, mit dem Winter, dem australischen.
Nach Australien einzureisen ist ein Erlebnis. Bereits im Flugzeug wurde man über die scharfen Gesundheits- und Einfuhrbestimmungen informiert und mit einem Desinfektionsmittel besprüht. Im Einklang mit den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation, erfährt man. Na wollen wir's mal glauben. Dann Paß, Visum, freundliche Beamte, der Zoll - und der Hund. Nein, nicht meiner. Ich habe doch keinen. Der Diensthund schnüffelt nach allem Organischen - Haschisch, Obst, der Keks aus dem Flugzeug? Alles in Ordnung - "Welcome to Australia."
Das Abholen klappt auch. Ankunft im Motel. Hier wohnen wir vorerst. Morgen sehen wir uns in der Uni.
Die ersten Tage vergehen mit dem Kennenlernen der neuen Kollegen und dem Suchen nach einer Wohnung. Möbliert versteht sich. Hilfe kommt von allen Seiten. Nach drei Tagen ziehen wir um und der Alltag zieht ein. Morgens, strahlender Sonnenschein. Neun Uhr zur Uni. Das reicht, vorher passiert hier nichts. Reden, Veröffentlichungen austauschen, diskutieren, E-Mail von zu Hause lesen. Internet sei Dank. Mittagessen. Strömender Regen. Es gibt keine Mensa. Jeder wärmt sich den Rest des letzten Abendessens in der Mikrowelle auf. Feierabend im Bus. Jeder liest Zeitung. Erinnert mich irgendwie an London. Sind ja auch Briten, zumindest mal gewesen. Es regnet zum dritten Mal heute. Dazwischen immer Sonnenschein. So vergeht die Zeit und der Winter. Mit dem September kommt der Frühling und die Olympiade. Das Olympiafieber der Australier ist ansteckend - auch im Frühling.
Nach Frühling kommt Herbst. Stimmt nicht? Doch, wenn man im Oktober von Australien wieder nach Hause kommt. Mit hundert neuen Freunden und Bekannten, tausend neuen Ideen für die eigene Arbeit und die weitere Zusammenarbeit und unendlich vielen neuen Eindrücken. Aber immer noch ohne einen Hund. Ich bin schließlich schon wieder für nächstes Jahr eingeladen ...